"Skandal-Shooter" Six Days in Fallujah: So viel Aufregung um so wenig Spiel (2024)

Giftgasangriffe auf Kinder, Folterszenen zum Nachspielen, Todesanimationen, die dermaßen brutal sind, dass Entwickler nachhaltige psychologische Schäden davontragen - oft wirkt es so, als wären in Videospielen mittlerweile jegliche Tabus gebrochen. Und dennoch erscheint immer wieder mal ein Titel, der die Gemüter dermaßen erhitzt, dass eine erneute öffentliche Debatte um die Frage entsteht: Wie weit dürfen Entwickler mit ihren fiktiven Werken eigentlich gehen und wann ist die Grenze des guten Geschmacks endgültig erreicht?

So geschehen erst jetzt wieder mit Six Days in Fallujah. Der "kontroverseste Shooter des Jahres" hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Grauen des Irakkriegs als Videospiel greifbar zu machen. Ein aus gleich mehreren Gründen durchaus fragwürdiges Unterfangen, das seit seinem Release am 22. Juni die Massen spaltet: Kann man einen der blutigsten Konflikte der letzten Jahre als Schauplatz für ein Videospiel nutzen? Und kann man damit am Ende auch noch Spaß haben? Wir haben uns die Early-Access-Version der Military-Sim auf dem PC angeschaut und uns an einer Einschätzung versucht.

Ist Krieg ein Spiel?

Um die Kontroverse rund um Six Days in Fallujah zu begreifen, muss man zunächst seine Entstehungsgeschichte verstehen. Ursprünglich wurde der Shooter bereits im Jahr 2009 angekündigt, als Gemeinschaftsprojekt von Entwickler Atomic Games und Publisher Konami.

Die Vision war aber damals schon dieselbe: Man wollte Spielern die Möglichkeit geben, sich wie ein echter U.S.-Marine im Einsatz zu fühlen - und das so authentisch präsentieren wie noch nie zuvor.

Setting des Ganzen: der Irakkrieg, genauer gesagt die Operation Phantom Fury. Im Rahmen der rund zweiwöchigen Militäraktion im November 2004 führten US-amerikanische Truppen einen Angriff auf die irakische Stadt Falludscha durch.

Quelle: VicturaDie hatte sich als Rebellenhochburg etabliert, bot unter anderem hochrangigen Terroristen-Führern Unterschlupf. Ziel des Einsatzes war deshalb die Abriegelung Falludschas und die anschließende Rückeroberung.

Die sollte nun eben aus First-Person-Shooter-Perspektive nacherzählt werden, um auch dem Durchschnittsbürger den realen Horror des Irakkriegs greifbar zu machen.

Wie früh ist zu früh?

Das entpuppte sich schon damals als ein, sagen wir mal, "gewagter" Schachzug: Zum Zeitpunkt der ersten Enthüllung war die Schlacht um Falludscha nicht einmal vier Jahre her.

Im kollektiven Gedächtnis waren die Ereignisse entsprechend noch zu präsent, die Wunden noch zu frisch. Tatsächlich waren 2009 immer noch US-Truppen im Irak stationiert. Den Konflikt als Setting für ein Videospiel zu nutzen, wirkte daher wie ein ziemlich geschmackloser, deplatzierter Zug - für Veteranen, Hinterbliebene und Antikriegsorganisationen gleichermaßen.

"Es ist viel zu früh, um Videospiele über einen Krieg zu machen, der immer noch andauert", sagte Tim Collins, ehemaliger Offizier im Irakkrieg, damals gegenüber der britischen Daily Mail.

Die öffentliche Empörung gipfelte schließlich darin, dass sich Konami dazu entschied, einen Rückzieher zu machen. Die Japaner stiegen nur wenige Wochen nach der offiziellen Ankündigung des Spiels wieder aus dem Publishing-Deal aus. Das Projekt wurde danach vorübergehend auf Eis gelegt, ehe sich schließlich das komplette Studio auflöste.

Kontroverses Comeback

Damit hätte die Story enden können, hätte sich Ex-Atomic-Chef Peter Tamte nicht dazu entschlossen, ein neues Studio unter dem Namen Highwire Games zu gründen und die Idee 2021 einfach noch einmal zu pitchen: komplett neues Team, komplett neues Spiel. Diesmal stand Publisher Victura zur Seite. Und diesmal war das klare Ziel: Wir werden das Ding fertig entwickeln, allen Widerständen zum Trotz.

Und wenig verwunderlich regten sich erneut einige Widerstände. Die Wahl des Settings hatte auch elf Jahre später nichts von ihrer Brisanz verloren, die inhaltliche Ausrichtung des Spiels bot ebenfalls Anlass zur Kritik: Highwire Games schrieb sich einen absolut realistischen, beinahe dokumentarischen Charakter auf die Fahne.

Über ein Dutzend Offiziere, Historiker und Soldaten waren aktiv in die Entwicklung involviert. Ihre Erlebnisse dienten als Grundlage für einige der Ingame-Sequenzen. Zudem traten die Zeitzeugen immer wieder in Interviews zwischen den Gameplay-Abschnitten auf, um ihre Erfahrungen zu teilen.

Gleichzeitig weigerte sich das Studio aber hartnäckig, sich kritisch mit dem Irakkrieg selbst, seinen Ursachen und Auswirkungen auseinanderzusetzen.

"Wir versuchen keinen politischen Kommentar darüber abzugeben, ob der Konflikt an sich eine gute oder schlechte Idee war", erklärte Peter Tamte in einem Interview mit der US-Website Polygon.

Dass der Irakkrieg nach heutigen Erkenntnissen als völkerrechtswidriger, illegaler Angriffskrieg bewertet wird - für die Macher offenbar irrelevant. Gleiches galt für das unaussprechliche Leid der Zivilbevölkerung, dem im Spiel quasi keine Beachtung geschenkt werden sollte.

Nur eine Seite der Ehrenmedaille

"Nur sehr wenige Menschen sind neugierig darauf, wie es ist, ein irakischer Zivilist zu sein", äußerte sich Tamte gegenüber GamesIndustry.biz. "Niemand wird so ein Spiel spielen."

zur Wahrheit gehört aber nun mal dazu, dass Operation Phantom Fury zu den schwersten Häuserkämpfen der letzten 50 Jahre zählt. Laut Schätzungen des Roten Kreuzes ließen bis zu 1.000 Zivilisten infolge der Ausschreitungen ihr Leben.

Am Ende waren 65 Prozent der gesamten Stadt zerstört - nicht nur Rebellenlager, sondern auch Schulen, Krankenhäuser und Wohngebäude. Ohne eine Erwähnung dieser Umstände zeichnet man ein sehr eindimensionales Bild des Konflikts, dem eine wichtige Hälfte fehlt - und einiges an Grautönen.

"Der Irakkrieg war nicht schwarz und weiß", stellte US-Veteran John Phipps in einem Gespräch mit The Gamer fest.

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"Es gab auf beiden Seiten Gut und Böse", beispielsweise, als amerikanische Truppen unbewaffnete Zivilisten erschossen, weißen Phosphor einsetzten oder Uranmunition nutzten. Dinge, die zur bitteren Geschichte Falludschas dazu gehören, aber nicht zum Narrativ von Six Days in Fallujah. Man müsse die Gräueltaten schließlich nicht explizit thematisieren, machten die Entwickler ihren Standpunkt klar.

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